An einem herbstlichen, verregneten Abend waren Isa und ich im Gespräch über dies und das. Plötzlich schaute sie mich an und erwähnte so beiläufig, dass sie sich gerne Hühner in unserem „leblosen“ Garten wünscht. Wir haben ja nur einen Teich mit zig Fischen und zwei Leos, die den Rasen in einen Acker verwandeln, wenn sie herumtollen. Dies nur am Rande zum leblosen Garten!!!

Ich kann ja schlecht Isa einen Wunsch abschlagen, doch gab ich ihr zu bedenken, dass diese Viecher auch ein Hühnerhaus brauchen. Kein Problem, war die Antwort, denn sie hat im Internet schon viele solche tolle und sehr teure Hütten angeschaut. Als der Preis zur Sprache kam, mussten wir uns für ein Self-made-Hühnerhaus entscheiden. In den Skiferien wurde dann ein architektonisches Wunderwerk im Massstab 1:10 durch Isa gezeichnet. Nach den Ferien schleppte Isa Material zum Bau heran-ich wollte schliesslich nichts damit zu tun haben, da mich Hühner wirklich nicht interessieren-höchstens die Eier! Der Bau verlief fast reibungslos (neben einigen Fast-Ehekrisen) und nach kurzer Zeit stand ein schmuckes Haus, was heisst hier Haus, es war eine Villa, im Garten-und das für Hühner-da fragte ich mich doch, weshalb die schöner wohnen, als viele unserer Mitmenschen. Es ähnelt einem Schwedenhaus (rot/weiss) und ich muss zugeben, dass mir diese Hütte heute noch gefällt.

Dann kamen sie endlich, die Glucke und ihre neun Bibbeli (es hätte ruhig noch länger bis zu deren Ankunft dauern können). Welche Aufregung. Nicht nur Isa und die beiden Kids, nein, vor allem Jamba war sehr aufgeregt und hielt die Schnauze 10 cm immer unter dem Gartenhag durch um möglichst den Bibbeli nahe zu sein. Die liebten wahrscheinlich Jamba, denn sie hockten immer bei Jambas Schnauze.
Ich muss natürlich noch erwähnen, dass ich Stunden opferte, um den Garten bibbeli-sicher zu machen. Da ein Netz, damit sie nicht zum Nachbarn abstürzen, dort ein Netz, damit sie nicht durch die Öffnungen des Zauns durchrutschen konnten.

Und dann kam der Tag, d.h. die Tage, an denen Idis mit Isa und Katharina an die Ausstellung nach Österreich fuhren. Mir wurde klar in Auftrag gegeben, wie ich mit den Hühnern umzugehen und welche Aufgaben ich habe. Mir grauste dies schon von Beginn weg: Hühnerscheisse zusammenlesen, schauen, dass sie am Abend alle im Stall sind, dass sie zu Fressen haben-keine leichte Aufgabe, da ich Hühner ja schliesslich über alles liebe
Am ersten Abend lief alles zu meiner besten Zufriedenheit. Aber… Um 6 Uhr morgens, wenn der normale Bürger seinen Gesundheitsschlaf noch tätigt, war ein riesiges Gegacker im Garten. Nur in Unterhose rannte ein verschlafenes Müllerlein in den Garten und schaute zum Rechten (ist ja schliesslich sein Auftrag). Ein Bibbeli ist ins Kellerloch gestürzt! Ich stieg „todesmutig“ in dieses Loch und rettete (weiss nicht mal den Namen, obwohl jedes der Viecher einen Namen zugesprochen erhielt) das Bibbeli. Müllerlein wieder in den 2. Stock, ins Bett und schlief doch noch zwei Stunden (ohne Hühnerträume)! Der anschliessende Tag verlief ruhig, ausser einem Gackeranfall der Glucke, weil sich wahrscheinlich eine Katze im Garten herumtrieb. Nach fünf Minuten war dann alles wieder beim normalen Trott – scheissen, fressen, herumrennen!!!
Erstaunlicherweise konnte ich die Bibbeli am Abend wieder ohne grössere Probleme (man müsste vielleicht zuerst einmal definieren, was grössere oder kleinere Probleme mit Hühnern sind) in die Hütte verfrachten. Anschliessend Scheisse-zusammen-lesen-Tour – eher doof – füllte gerade mal einen Hundekackesack voll! Dann endlich Feierabend und gemütlich ins Bett. Schlafen ohne „böse“ Gedanken an die Hühner. Um 6 Uhr: Riesenkrach im Garten. Müllerlein, wieder nur in Unterhose gekleidet, rannte in den Garten und rettete wieder Bibbeli aus dem Kellerloch. Jetzt kommst Du dran, du fieses Kellerloch: Nach dem Anziehen meiner Gartenkleider verrammelte ich mit einem Zaun dieses mir schlafraubende Kellerloch-endlich Ruhe.

Doch die nächsten Problemchen liessen nicht lange auf sich warten. Die ganze Familie, inklusive Leos, wollen schliesslich mal Ferien machen-geplant war campen am Neuenburgersee. Aber was machen wir mit den Hühnern? Für den älteren Nachbarn, der sonst zu unseren daheimgebliebenen Tiere schaut, wäre es zu viel, wenn er Hühner retten oder sie abends in den Stall „führen“ (oder auch tragen) müsste. Also wird Käthi angerufen. Hocherfreut (!) holte sie sechs der Bibbeli - alles Güggeli... :-( , zwei und die Glucke blieben. Erwähnenswert ist, dass irgendein Tier, vermutlich eine raubende Katze, ein Bibbeli geholt hat-Federn liessen uns zu diesem Schluss kommen. Die in der Zwischenzeit aggressiv gewordene Glucke war untragbar, hackte sie doch immer auf den Bibbeli herum. Ich frage mich noch heute, ob dies der Familiensinn bei Hühnern ist. Also musste Käthi wieder antanzen und nahm die Glucke mit, brachte dafür ein anderes Bibbeli, damit wir die „geforderten“ drei Hühner schlussendlich haben. Aber… die Geschichte geht weiter! Die beiden Bibbeli hackten auf dem Neuen herum, jagten es durch den Garten und liessen es nicht zu, dass es nur schon in die Nähe kommt. Eines Abends, als ich vom Training nach Hause kam, war im Garten tolle Aufregung: Ein Bibbeli ist verschwunden! Also machte man sich (inkl. Nachbarn versteht sich!) auf die Suche nach der verlorenen Tochter. Über eine Stunde war die Suche erfolglos…doch dann kam Jamba ins Spiel. Sie wurde im Garten herumgeführt und siehe da, sie witterte es. Wir mussten nur noch ein wenig ins Gebüsch treten, und zwar in die Richtung, in welche Jambas Schnauze minutenlang zeigte! Uff, geschafft. Da meldete sich der Nachbar, dessen Rasen an unseren grenzt, zu Wort. Am selben Abend hatte er eine Geburtstagsfeier und während des ganzen Festes musste die Gesellschaft immer wieder die in seinen Garten „flüchtenden“ Bibbeli in unseren „zurückwerfen“. Naja, man sagt ja, Hühner haben Federn und können schliesslich „fliegen“, also machte ich mir keine Gedanken, wenn diese Viecher immer wieder mehr als zwei Meter Höhenunterschied wegen des Gartenzauns überwinden mussten.

Muss noch kurz erwähnen, dass mal die Bibbeli über den Hag abhauten (ich war glücklicherweise nicht zu Hause) und Jamba sie auch beim Nachbarn fand, bzw. sie liefen Isa und Jamba entgegen.

Für die Ferienzeit fanden wir die tolle Lösung: Alle Viecher zu Käthi und nach den Ferien brachte sie uns dann drei „pflegeleichte“ Bibbeli-was heisst hier Bibbeli- das waren schon richtige Dinger…

Zurzeit läuft es ohne Zwischenfälle mit den Hühnern. Man soll aber den Tag nicht vor dem Abend loben. Doch hoffe ich nie mehr leicht bekleidet im Garten rumrennen zu müssen, um Hühner zu retten oder sonst dergleichen…

                                                                                                                                                                                Jürg Müller


Isa und ihre drei Junghennen